Es gibt wieder heiße Neuigkeiten! Heute erscheint eine neue Single von den Rostocker Rappern Kuzo & Rekone mit Produzent Samplemeyer Beats. „Überall gesucht“ heißt der neue Track, welcher auch die EP „Vorhölle“ ankündigt, die am 06.06.2024 digital bei Audiolith Records erscheint. 🔥 „Überall gesucht“ handelt davon, nicht in das System reinzupassen, vom noch immer lost sein und Angst vor der Zukunft haben. „Überall gesucht doch meinen Platz nicht gefunden“ rappen die beiden auf einem düsteren Sample Beat von Samplemeyer. Gestern Abend erschien bereits das Musikvideo zum Track, den Link haben wir euch unten mit reingepackt.
Kuzo, Samplemeyer Beats & Rekone - Überall gesucht (Single, 23.04.2024)
stream: https://shrt.audiolith.net/al425a
official video: https://youtu.be/RnIL0OgjF4E
Wortgewaltiges Rap-Release auf Audiolith Records: Kuzo – Vorhölle (EP; VÖ: 06.06.2024)
Kuzo, Rapper aus Rostock (und Leidenschaft) bringt eine Platte über Sucht, psychische Erkrankungen und das Bloßlegen eines mitgenommenen Innenlebens über Audiolith Records heraus. Die Beats auf Vorhölle kommen durchweg von seinem Freund Samplemeyer und verbinden Samples, elektronische Einflüsse, Boom Bap und Trap miteinander. Wer Kuzo bereits kennt (durch seine zahlreichen Releases oder seine Bühnenpräsenz als Support von Waving The Guns), wird schon ahnen, dass hier viel düsteres auf lyrisch und raptechnisch hohem Niveau aufbereitet wird. Schonungslos präsentiert er denen, die sich darauf einlassen, die eigene, nicht selten verzweifelte Situation, mindestens ebenso schonungslos geht er mit sich selber ins Gericht. Rap spielt tendenziell viel mit Übertreibungen, hier wünscht man sich und vor allem dem Künstler, dass es bitte so sein möge, ahnt aber, dass das wohl nicht der Fall ist.
Bei all den bitteren Pillen, die auf den 11 Tracks verdaut werden müssen, zieht sich ein feiner Faden tiefschwarzen Galgenhumors durch die Vorhölle. Dann zum Beispiel, wenn er sich in „Lebendig“ als „Familienmensch“ bezeichnet, der wartet, bis er alleine ist, um sich wegzuschießen, damit er keinem zur Last fällt. Oder wenn er, gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten Rekone, im Track „Überall gesucht“ Zeilen raushaut wie „Hab angefangen mit Rap damit mir Spotify mein Pepp bezahlt// sie hatten Recht alle Träume werden letztendlich wahr“, oder sich selbst als „resilient wie’n rohes Ei“ beschreibt. Es ist also keineswegs so, dass Entertainment nicht stattfindet.
So sehr er mit seinen eigenen Problemen zu tun hat, so lässt er doch eine gewisse gesellschaftliche Weitsicht durchscheinen, wenn er auf „Nicht Mein Ding“ dazu anhält, dass vielleicht mehr Menschen den Blick auf ihr eigenes Inneres richten sollten: „Jeder profiliert sich, jeder meint er sei der King / das ist einfach nicht mein Ding“. So ist zu konstatieren, dass er, bei all den unangenehmen Themen, doch eine deutlich angenehmere Persönlichkeit besitzt, als viele selbsternannte Helden. Auch Empathie ist kein Fremdwort für Kuzo. Auf „Manche“ erzählt er, auf einem melancholischen Loop ohne Drums, über Freunde und Bekannte: „eine unterkühlte psychisch kranke Großfamilie, an die ich lachend denke während ich auf dem Sofa liege“. Das ist ergreifend, traurig und schön und zeigt, dass Unzufriedenheit mit sich selber nicht in Gleichgültigkeit gegenüber anderen münden muss.
Kuzo lässt inmitten der düsteren Gedanken und Beschreibungen aber auch eine gewisse Hoffnung zu: die Erkenntnis, etwas ändern zu müssen, den jetzigen Zustand als nicht haltbar zu empfinden, sich auch dafür zu schämen und zu wissen, dass er „nur aus eigener Kraft hier raus“ kommt ("Hol mich hier raus"). Der letzte Track der EP, „Ich kann es nicht“, ist ein Song über den Versuch einer Trennung, offensichtlich gerichtet an Amphetamine, von denen er versucht loszukommen. Mit eindrucksvollen sprachlichen Schöpfungen wird seine Beziehung zur schnellen Substanz, die Gründe für seine Sucht und seine eigenen Unzulänglichkeiten aufgearbeitet: „Du stehst mir näher als jede Frau in meinem Leben// macht mich traurig zu verstehen, dass genau das das Problem ist“. Dass „Vorhölle“ hiermit endet, untermalt von einem schönen Gitarrensample, entlässt die Hörer*innenschaft mit dem möglichen Ausblick, beim nächsten Release vielleicht einen Kuzo zu erleben, der im Kampf mit sich selbst Erfolge erzielt hat. Reflexionen wie diese und die daraus resultierenden Erkenntnisse machen „Vorhölle“ zu einem Machwerk, dass tiefer und intelligenter ist als der Industriestandard. Wir werden mitgenommen in die gedanklichen Prozesse, welche so kunstvoll und gekonnt in Worte gegossen sind, dass wir zwar leicht zerzaust, vor allem aber staunend zuhören. In „Hilfeschrei“ fragt Kuzo: „Warum krieg ich Applaus wenn ich Euch sag dass es mir schlecht geht?“ Weil das in der Form nicht viele können. Weil es berührt. Weil es verdient ist.
Kuzo, so ahnt man beim Hören, ist einer, der reflektiert und teilweise überkritisch mit sich selbst ist, eigentlich aber keinem wirklich schadet. Außer sich selbst. Diese EP ist tieftraurig mit Attitüde, durchzogen vom kritischen Blick auf sich selbst – bis hin zur Selbstverachtung – und evoziert die Hoffnung, der Künstler möge daraus die Kraft ziehen, dem Kreislauf aus Depression und Drogen entkommen und Frieden mit sich schließen können. Musik, die man nicht immer (und schon gar nicht nebenbei) hören kann, aber im Gedächtnis bleibt und vor allem eins nicht ist: belanglos.