Am 25.04. hat ein neuer physischer Tonträger das Licht dieser Welt erblickt. Oder der Plattenläden. Denn das erscheint das Producertape "Irgendwer muss ja II" von Tombs Beats auf Vinyl, Tape und digital erschienen!
Es ist auch ein Musikvideo zu "Ellenbogen" mit B.Bilbo, Miramare & Dissy erschienen. Der unheilvoll anmutende, von Cuts zerfaserte Track "Ellenbogen" ist der wohl experimentellste Song des Albums:
Tombs Beats, B.Bilbo, Miramare, Dissy - Ellenbogen (Official Video, 24.04.2025, 18 Uhr)
Youtube: https://youtu.be/ia9YP44-KDE
Tombs Beats ist Connecter und einsamer Wolf, ist Kreativkopf und Pragmatiker, ist fügsamer Mann im Hintergrund und extravaganter Bühnenheld zugleich. Der Exil-Berliner mit Rostocker Background ist immer Produzent und manchmal Rapper, ist Soloartist, ist Stilpräger, ist Ein-Mann-Sampling-Maschine, ist Mitmusiker; "zu Untergrund für ‚Deutschrap Untergrund‘" und doch federführend an Alben beteiligt, die - wie zuletzt "Dr. Pöbel" von Pöbel MC - den Gipfel der deutschen HipHop-Charts erklimmen. Tombs Beats, das ist schlecht gelaunter, Sample-durchsetzter Memphis-Trap und borstig knisternder G-Funk mit Retro-Charme - meistens rotzig und verrucht, selten melancholisch-melodisch, dafür stets surreal dringlich und beachtlich unlimitiert. Es ist nicht lange her, dass Tombs sein allererstes Producer-Album durch die Rohre von Audiolith Records in die Welt gejagt hat - und doch steht im Frühjahr 2025 direkt das zweite LP-Release ins Haus.
Dass zwischen "Irgendwer muss ja" und "Irgendwer muss ja II" - diesen beiden Platten mit ikonisch-abgründigen Cover-Designs vom Berliner Tätowierer Dirt Merchant - gerade einmal achtzehn Monate liegen, ist symptomatisch, für Tombs’ beachtliche kreative Progression. 2020 geisterte sein Name im Zuge der Beteiligung an der PMC-Platte "Bildungsbürgerprolls" erstmals prominent durch die deutsche HipHop-Szene; wenig später folgten Zusammenarbeiten mit der Antilopen Gang, Waving The Guns oder AzudemSK - und immer neue Platzierungen auf den Projekten von Pöbel MC, dessen heutiger musikalischer Stil maßgeblich von Tombs’ Handschrift geprägt wurde. Natürlich ist der selbsternannte "Rollkragenschläger" mit einem durchaus probierfreudigen Feature ("Topfit") auf "Irgendwer muss ja II" vertreten. Pöbel und dessen Kompagnon DJ Flexscheibe, der tatkräftig an mehreren Stücken auf "Irgendwer muss ja II" mitgewirkt hat, sind jedoch bei weitem nicht die einzigen Gäste, die Tombs Beats auf sein neues Album geholt hat.
Insgesamt partizipieren rekordhaltige neunzehn (!) alte und neue Freund*innen des Hauses mit Parts, Scratches und Beat-Beteiligungen an der sechzehnteiligen LP - darunter Szene-Bekanntheiten à la Milli Dance, Dissy oder AzudemSK und talentierte Wegbegleiter*innen wie Rekone, Nosen, Kuzo, SketchOne, Dollus Directo, Ivan G, Terfak oder Charlott Green. Tombs, der zwischendurch selbst zum Mic greift, ist es gelungen, "Irgendwer muss ja I" dennoch stringent - ja, konsolidiert - und den vielköpfigen Gäst*innen-Kader wie eine eingeschworene Rapcrew klingen zu lassen. Seine gelegentlich von Easteregg-esken Serienzitaten verzierten Beats drängen sich zu keiner Zeit auf, stehen samt ihrer breit schleichenden Bassmelodien und tickenden 808’s aber dennoch stets im Vordergrund des Geschehens. Auffällig ist - wie schon auf "Irgendwer muss ja" - Tombs’ raffinierte Sampling-Technik.
Tatsächlich hat er - oftmals in enger Zusammenarbeit mit DJ Flexscheibe - das Gros an klimpernden Pianos selbst eingespielt, nahezu alle dreckigen Gitarrenriffs eigenhändig angeschlagen und so gut wie jeden Background-Gesang in persona erzeugt. Anschließend hat sich Tombs selbst gesamplet - und alle Sound-Bausteine in ein staubiges Vintage-Gewand gehüllt. Manche Klanggerüste auf "Irgendwer muss ja II" klingen soulig-verspielt oder bedächtig-verträumt, andere hektisch-gewittrig - und doch bleibt eines immer gleich: Tombs Beats’ versprühen eine bissige, eine raue, eine widerspenstige Untergrund-Attitüde. Eben diese spiegelt sich auch in den meist Punchline-basierten, nicht selten augenzwinkernden Lyrics der Platte. "Irgendwer muss ja II" fühlt sich - obwohl sich die fast zwanzig auf der Platte vertretenen MC’s keineswegs miteinander abgesprochen haben - häufig wie eine Art Manifest auf’s abenteuerorientierte Lotterleben an.
Dieses Album setzt auf "Texte mit Herz statt Rap für Kommerz", ist "zu beschäftigt für den Weltfrieden" und mit "Suffschädel", "Jackydose" und "Schreckschusswaffe" - den Zivis winkend - auf dem Weg zum Bankautomat, um den Dispo noch ein Stück weiter auszureizen. "Irgendwer muss ja II" erzählt von "Liebe ohne Kalkül", von "Sertralin & Zirkeltraining", vom "an der Klippe steh’n und umdreh’n", vom "rund um die Uhr intoxikiert"-Sein - aber auch von Klassenkampf, "Nazileichen" und dem Gefangensein zwischen "trotz alledem" und "gerade weil". Zwischendurch: Markig-amüsante Parolen Marke "Ellenbogen aus dem Fenster, dabei hab’ ich gar kein Auto". Zitierte Line stammt aus dem wohl experimentellsten Song der Platte - dem unheilvoll anmutenden, von Cuts zerfaserten Stück "Ellenbogen", den Tombs mit B.Bilbo, Dissy und Miramare realisiert hat.
Im direkten Kontrast dazu steht beispielsweise das smoothe, nachdenklich angelegte "Tracks über Krisen" mit S.H.O.K. - oder der an Autofahrten in GTA San Andreas erinnernde Westcoast-Kopfnicker "Divide & Conque" mit Nia 2161. Ebenfalls erwähnenswert: Der heftig nach vorne peitschende, basslastige Triumphzug "Curling" mit Inspektah und Cha Lee. Songs wie dieser beweisen eindrücklich, dass Tombs Beats sein Skillset binnen kürzester Zeit auf ein völlig neues Level gebracht hat. "Irgendwer muss ja II" lässt ihn Vernetzer und Lonely Wolf, Kreativkopf und Pragmatiker, Mann im Hintergrund und Bühnenheld, Produzent, Rapper, Soloartist, Stilpräger, Ein-Mann-Sampling-Maschine und Mitmusiker sein - und ist genau deshalb so stark, so nachdrücklich, so hörenswert.
AL449 Tombs Beats - Irgendwer muss ja II (Album 25.04.2025)
Streamen/kaufen: https://shrt.audiolith.net/al449
Am 30.05. wird es auch ein Releasekonzert im Berliner Monarch geben!