Hey du, willkommen auf unserem Audiolith Blog! Heute haben wir Torsun von Egotronic und Finna zusammen in den virtuellen Raum gesperrt und sich ein paar Fragen stellen lassen. Von Artist zu Artist! Viel Freude damit.
Torsun fragt Finna
T: Wie kamst Du zum Hiphop und wann? Welcher Act hat Dich als Erstes richtig gekickt?
F: Ehrlich gesagt war ich nicht direkt Fan von Hip Hop, weil mich Sexismus und Klischees vorerst abgeschreckt haben, doch da hatte ich Hip Hop und die politische Dimension dahinter auch noch nicht kapiert. Erst durch Lauryn Hill, TickTickboom und Sookee bin ich komplett zum Fan geworden und wollte dann unbedingt ein Teil davon sein Musik als politisches Sprachrohr nutzen zu wollen.Deshalb auch mein erster Track "Musik ist Politik".
T: Wenn ich deine ersten Tracks bei Audiolith mit den neuen vergleiche, steckt in den neuen stilistisch mehr Soul, heißt, Du zeigst mehr, dass Du neben Rappen auch wundervoll singen kannst. Wie kam es dazu? Oder ganz dreist gefragt: Liegt es an einem Wechsel im Musikgeschmack oder hast Du dich früher nicht getraut, auch diese Seite zu zeigen?
F: Von Anfang an seit ich Musik mache habe ich immer schon gesungen und das hab ich auch schon irgendwie immer mehr gemacht als zu rappen, aber wollte nicht einfach als "Sängerin" gesehen werden und hatte irgendwie Angst, dass wenn ich singe die Message irgendwie flöten geht und ich darauf reduziert werde "ganz schön singen zu können". Das hatte für mich immer irgendwie einen faden Beigeschmack. Ich glaube es hat für mich diese ersten Tracks sehr gebraucht, damit alle schon Mal wissen was ich denke und ich nun mit Gesang musikalisch ergänzen kann, was ich fühle. Aber im Herzchen war ich schon immer mehr Sängerin als Rapperin, was ich allerdings nicht von Anfang an zugeben wollte.
T: Haha, da hab ich das ja vollkommen falsch eingeschätzt, oder anders gesagt: Musik ist Politik hat mich bei Erscheinen direkt gecatcht und ich ging fest davon aus, dass Du direkt mit Rap gestartet bist. Jedenfalls daran anknüpfend meine Frage: Was fällt dir sowohl beim Schreiben, als auch beim Recorden leichter: Die Rap- oder die Gesangs-Parts?
F: Puh schwer zu sagen, kommt glaube ich immer auf den Mood an. Wenn ich mich stark fühle oder fühlen will oder wütend bin ist es immer zuerst Rap der rauskommt und wenn ich soft bin immer erst Gesang aber meistens gibt es immer die eine oder andere Stelle in der ich das eine mit dem anderen zusammen bringen möchte. Für mich fühlt sich das eine ohne das andere manchmal weird an, aber ich experimentiere gerade viel auch mal nur das entweder oder auszuprobieren - mal schauen was noch passiert, aber ohne das eine oder andere kann ich mir das gesamte gerade nicht vorstellen.
T: Durch meine rheumatische Erkrankung hab ich regelmäßig harte Gewichtsschwankungen von zuletzt +/- 20 KG. Dementsprechend hat mich Overscheiß wirklich unfassbar krass gekickt, als Du ihn gedroppt hast. Song und Video geben wirklich extrem Power, denn ich weiß, wie hart es mich trifft, wenn wenn immer wieder das Gewicht ein Thema ist. Mich würde also ernsthaft interessieren: Wie entstand Song und Video?
F: Erstmal vielen Dank für deine Ehrlichkeit. Ich glaube, dass diesen Gewichts-Struggle mehr Menschen kennen als zugeben wollen und mir geht es da ja auch sehr ähnlich. Mein Körper wurde und wird immer noch ziemlich viel zum Thema gemacht und ich habe mich viel mit meinen Freund*innen darüber ausgetauscht, wie man am liebsten reagiert hätte, wenn die Beleidigung eine*n getroffen hat und wollte gerne einen "Stinkefinger-Song" schreiben und parat haben. Daraus ist dann "Overscheiß" entstanden und die Freund*innen die mir zu der Zeit viel Support, Austausch und Love geschenkt haben und das ebenfalls erleben habe ich gefragt, ob sie im Video dabei sein können und zum Glück hat das geklappt.Love an Magda Albrecht, Ina Holub, Helene und Saskia Lavaux, die sich in ihrer öffentlichen Arbeit schon immer dafür stark gemacht haben und jede einmal auschecken wert sind!!
Finna fragt Torsun
F: Euer Album heißt "Stresz" und fängt meiner Meinung nach viel seelischen Stresz ein, den mensch so empfinden kann, wenn man diese weirde und Pandemie bedingte Welt betrachtet. Hast du evtl. paar Anti-Stresz Tipps zum sharen?
T: Das Jubiläumsalbum heißt Stresz, weil das ein Wort ist, das die Geschichte von Egotronic sehr gut zusammenfasst. Sei es der konstante politische Stresz aus den Anfangsjahren, der soweit ging, dass uns sogar mal der Tourbus niedergebrannt wurde, über den Tourstresz, als es dann größer wurde und wir über Jahre mehr unterwegs als zuhause waren, bis hin zum Stresz, den es mit sich bringt, wenn der krasse Hype vorbei, aber die Musik dein Job ist. Als die Pandemie einschlug und erstmal klar war, dass mensch zuhause bleiben sollte, fand ich Zeit zum Runterfahren und reflektieren, heißt: Zu Beginn der Pandemie hab ich erstmal so gut wie gar nichts gemacht, außer Serien Glotzen und die Entschleunigung genießen. Jetzt nach so langer Pause kommen wir langsam wieder zum Thema Stresz: Irgendwann wird das Geld ausgehen. Anti-Stresz Tipps hab ich leider nicht. Eher im Gegenteil: Wenn irgendwer welche hat, nur immer her damit.
F: Du bist auf dem Album-Cover in einer Kampfsporthaltung abgebildet. Machst Du eigentlich Kampfsport? Und wie kam es zu dem künstlerischen Coverdesign?
T: Im Alter von 6 Jahren fing ich an, Kampfsport zu trainieren. Das begleitet mich seitdem mein ganzes Leben, auch wenn ich zwischendurch immer mal wieder über Jahre nichts trainiert habe. Als die Pandemie losging und Partnertraining nicht mehr möglich war, nutzte ich die Zeit, um mir ein paar Grundlagen im Stockkampf anzutrainieren, aber eigentlich liegt mein Schwerpunkt im waffenlosen Training. So trainierte ich z.B. viele Jahre Ving Tsun nach Wong Shun Leung, der wiederum ein guter Freund und Trainingspartner von Bruce Lee war. Die Pose auf dem Cover ist eine berühmte Bruce Lee Pose und Hannes, der unsere Artwork gestaltete hatte dazu direkt die richtige Eingebung: Wir kopieren den Stil alter Kung Fu Filme. So entstand das Cover.
F: Ihr habt "Stresz" ja in einer neuen Bandbesetzung gemacht. Wie habt ihr die neuen Songs geschrieben? Produziert ihr alles alleine oder gibt es noch Leute, die euch dabei unterstützen?
T: Die Platte ist auch in der Produktionsweise eine hundert prozentige Pandemieplatte. Mensch muss sich das so vorstellen: Fast alle Songs entstanden so, dass ich erstmal zuhause allein eine Demoversion eines Songs aufgenommen hab. Das Demo hab ich dann in Einzelspuren an alle Bandmitglieder geschickt, die dann ihre jeweiligen Instrument-Parts ausgearbeitet und aufgenommen haben. Danach gingen alle Spuren zu Neu-Egotronicer Christian, der nicht nur wunderbar Gitarre spielt, sondern auch ein hervorragender Produzent ist. Er hat die Einzelteile dann zusammengebracht und das komplette Album gemischt und gemastert. Zum Ende der Produktion hin, verbrachte ich 2 Wochen mit ihm im Studio, um nochmal sauber alle Vocals aufzunehmen und letzte Hand an jeden einzelnen song legen zu können. Lange Rede, kurzer Sinn; Wir haben diesmal wirklich alles komplett in Eigenregie gemacht.
F: Bei den Songs "Stresz", "Lauf Bulle Lauf" und anderen höre ich neben deiner nicen markanten Stimme noch eine andere melodische Stimme singen. Wer ist denn diese Person bzw. sind es vielleicht mehrere? Und wie kam eure Zusammenarbeit zustande?
T: Das ist ganz unterschiedlich: Die Backingvocals bei "Stresz hoch 20" und "Nadel verpflichtend" hat zum Beispiel Mel von der hervoragenden Band Shirley Holmes eingesungen. Wir machten für sie einen Remix und so kamen wir ins Gespräch und verstanden uns gut. Mel bot an, bei Bedarf paar Vocals einzusingen und hat das wirklich wahnsinnig gut gemacht. Bei "Lauf Bulle, Lauf" singen meine Liebste, sowie Kilian und Christian die anderen Vocals. Bei den anderen Songs hab meist ich selbst die Aaaahs und Uuuuhs eingesungen.
F: Mir ist aufgefallen, dass auf eurem Album 2 Mal Features mit Andreas Dorau drauf sind und sonst niemandem gefeatured würde, wie kam das oder wolltet ihr mit niemand anderem featuren? Habt ihr noch ein Feature, von dem ihr heimlich träumt?
T: Dass Andreas Dorau dabei ist, ist das vermutlich größte Jubiläumsgeschenk, dass es zu 20 Jahren Egotronic geben konnte. Als ich 1996 auf einem Konzert von ihm war, beschloss ich direkt im Anschluss, die Gitarren vorerst beiseite zu legen und auf elektronische Musik umzusteigen, heißt: Andreas Dorau ist daran schuld, dass es Egotronic überhaupt gibt. Jetzt 2 Songs mit ihm zusammen zu komponieren, war so etwas wie die Verwirklichung der Grundidee von Egotronic. Bei der vorletzten Platte gibt es ein Feature mit Rod von die Ärzte, eins mit Franz von Jeans Team und ein halb geheimes von Mille von Kreator. Nicht zu vergessen das Feature von Walter Schreifels von den Gorilla Biscuits aus New York…. Auch wenn es merkwürdig klingt: Somit sind eigentlich alle Traumfeatures abgehakt.
Einziger Wehrmutstropfen ist, dass ursprünglich noch ein Feature mit Saalschutz geplant war. Sie begannen im gleichen Jahr wie wir und wir waren von Beginn an sowas wie Brüder und sind auf den ersten Egotronic-Releases immer vertreten. Das hat diese Runde zeitlich leider nicht hingehauen.
F: "Der schönste Platz ist inner Apotheke" fühl ich manchmal sehr, da ich auch immer wieder und immer noch meine Pillchen schlucke. Hast du ein Lieblingsmedikament?
T: Ich hab ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Medikamenten, da ich seit 2013 konstant härteste Schmerzmittel nehmen muss. In Zeiten, in denen ich täglich hohe Dosen in mich reinstopfen muss, nervt mich dieses täglich total dicht zu sein (und das ist man bei stärksten Opioiden nunmal zwangsläufig) ziemlich ab. In Phasen, in denen die Pain einigermaßen unter Kontrolle ist, ich total niedrig dosiert bin und somit freiwillig entscheiden kann, auch mal breit zu sein, mag ich den Rausch aber ganz gerne. Upper hingegen nehme ich eigentlich überhaupt nicht mehr.
Finna - Wenn ich ich bin (Single, 10.06.2021)
Buy/stream: https://shrt.audiolith.net/al342
Egotronic - Stresz (CD LP Digital, 23.07.21)
Preorder/Stream: http://shrt.audiolith.net/al348
Finna Facebook | Instagram | Spotify | Youtube
Egotronic Website | Facebook | Instagram | Spotify | Youtube