"Das schönste Kompliment war immer erst Beleidigung", davon ist VANDALISMUS überzeugt. Der erste Vorgeschmack auf "Gloria & Schwefel" lässt bereits durchblicken, was sein zweites Album unter immer noch frischem Namen zu bieten hat: Rapmusik, direkt aus dem Straßengraben, echt, dreckig und durch und durch Untergrund geblieben.
"Anti ist noch immer die beste Verteidigung", deswegen bekommen Mainstream-Pop-Rap-Protagonist*innen bei "Rapmusik im Straßengraben" im Vorübergehen ihr Fett weg. Tatsächlich vollzieht sich die Abgrenzung gegen glattpolierten, für Mainstream-Playlisten optimierten Produkt-Pop-Rap ganz von alleine. Wer VANDALISMUS je auch nur eine Minute lang zuhehört hat, weiß: Wenn Fuchs und Hase sich nichts mehr zu sagen haben, fällt ihm immer noch etwas ein. Seine Zeilen entstehen nicht am Reißbrett oder Fließband. Seine Parolen fürs Schlafzimmer sind allesamt Herzenssache, und sie gedeihen besonders gut auf nächtlichen Bahngleisen.
Genau dahin begleitet VANDALISMUS, um die zugehörigen Bilder einzufangen, ein bewährter Wegbegleiter: In Zusammenarbeit mit Maxim Dean, der dem einen oder der anderen vielleicht schon im Umfeld von LGoony begegnet ist, entstanden in der Vergangenheit bereits mehrere Videos. Wer allerdings an diesem subversiven Abendspaziergang teilnehmen möchte, sollte besser keine Angst davor haben, sich die Hände schmutzig zu machen.
Vandalismus - Gloria & Schwefel (Album, 04.09.20 CD,LP,Bundle) Audiolith Shop: https://shop.audiolith.net/Vandalismus Andere Shops: https://audiolith.net/al310 |
Das musikalische Gleisbett für "Rapmusik im Straßengraben" legt wieder einmal simelli. Auf ihn stieß VANDALISMUS im Umfeld seines Labels Audiolith, er steuerte bereits zum Vorgängeralbum "Freunde lügen nicht" mehrere Produktionen bei und wirkt auch an "Gloria & Schwefel" wieder maßgeblich mit. Hier liefert er nun im Team mit Sutsche Mane einen Beat, der die einsame, leise melancholische, aber dennoch irgendwie heimelige Stimmung des Tracks einfängt und unterstreicht. Er lässt VANDALISMUS außerdem genug Raum für die infektiöseste Ohrwurm-Hookline seiner Karriere. Wieso kann der Kerl plötzlich singen? Egal, eigentlich! Er soll es, wie alles andere, einfach machen.
Für sein zweites Album unter diesem Namen setzt VANDALISMUS erneut voll auf Rap und Emotionen. Sein Alleinstellungsmerkmal bleibt seine ganz eigene, manchmal rotzige, manchmal hochsensible Version von Battlerap. Dabei geht es auf "Gloria & Schwefel" technisch anspruchsvoller und abwechslungsreicher denn je zu. Fühlte sich das Vorgängeralbum "Freunde lügen nicht" noch wie ein Befreiungsschlag an, gilt es nun, neue Spielwiesen zu entdecken. VANDALISMUS nutzt die gewonnene Freiheit, um die Grenzen frisch auszuloten: Im Vortrag bislang unerreicht breit aufgestellt, dabei zu einhundert Prozent echt und ehrlich, liefert er Rap mit Herz und Verstand, "Benzin und Farbe", Hooks, Punchlines und Gesang.
"Fünf Minuten deutscher Straßenrap zeigen, wie am Arsch die Welt ist", bringt VANDALISMUS fast beiläufig den Zustand einer Szene auf den Punkt, gegen die er hemmungslos austeilt. Er kann aber auch einstecken. Die härtesten Schläge richtet er traditionell ohnehin gegen sich selbst. Gnadenlos analysiert er seinen Status als ewiger Underdog in einem Game, in dem noch immer die Schulhofregeln gelten. "Maskulina" thematisiert die (zum Glück erfolgreiche) Suche nach einer anderen, weniger toxischen Männlichkeit.
Mit körperlichen Unzulänglichkeiten hadert VANDALISMUS in "Malibu Stacy". Panik Panzer aus den Reihen der Antilopen Gang bringt hierzu einen Part mit. Er bleibt neben dem Kreuzberger Überzeugungstäter PTK der einzige Featuregast. Dennoch ist "Gloria & Schwefel" natürlich nicht im Alleingang entstanden: Die Produktion bestreiten diesmal zu etwa gleichen Teilen Jay Baez, der zudem Mix und Mastering verantwortet, die Kamikazes und das Team simelli & Sutsche Mane. Polybius² steuert ebenfalls wieder einen Beat bei, die Gitarre im zauberhaften Akustik-Stück "Cheburashka" spielt VANDALISMUS' Bandkollege Cherryman.