Brennende Skateboards und Sumpfmonster
20.08. - Die Cigaretten veröffentlichen Cityslacker S-Bahnsurfpunk-Hymne „Nichtsnutz“.
Malt die Riesenräder schwarz an und hängt paar schnafte Lights auf - die Kids wollen ihre #alternativeaesthetics; mesdames et messieurs, ¡Señoras y señores! Hier sind Die Cigaretten.
Mit „Nichtsnutz“ veröffentlichen Die Cigaretten am 20. August ihre erste Videosingle nach ihrem alternativkulturell hochgelobten und heftig gefeiertem ersten Album „Vibe Ride“ - und haben dabei keine Angst vor der Niceness. In der Underground-Winkelgasse wurde in den letzten Monaten wohl kaum über eine Band mehr Tea gespillt, was den Erst-Release der Cigaretten auf dem Vibe-Planeten von Audiolith Records wohl zur stärkstbeäugten Comin’ of age- Debütantin auf dem diesjährigen Zauberschul Prom macht. Doch wir können aufatmen und die Party starten. “Nichtsnutz” ist nicht nur on fleek, sondern snatched. Mit dem lässig an Riotgirl und Powersurf-Pop angelehnten Gitarrenriff von „Nichtsnutz“ ist ab Sekunde 1 Carrera in der Achterbahn. Spontan kommen einem Bikini Kill oder GRLwood in den Kopf und ins Tanzbein. Innerbetrieblich knüpfen Die Cigaretten an vorgelegte Untergrund Smashhits wie „Yo, Future“ oder „Am Strand“ an.
Eine mehr als willkommene erste Ankündigung für eine EP „Crashkid“, die am 02.10. folgen wird. Neues Material von den Cigo-Boys. Da is endlich wieder Excitement in der Drehorgel.
Die Cigaretten machen Spaß und das macht irgendwie Spaß. Und das macht echt Spaß. Die Cigaretten, die Cote d’Azur des deutschen Indie sind zurück und stecken mit “Nichtsnutz” Schirmchen in die Molotow-Cocktails.
Die ersten Textzeilen „ich bin n Nichtsnutz, doch bleibe freundlich“ setzen sich frech vor viele der größten Rock-Lyrics der letzen 50 Jahre. Da man inzwischen von den Cigaretten nicht weniger erwartet als Alternative-Rock weiter on woke zu delivern, kommt man bei „Nichtsnutz“ voll auf seine Grund - und Grungegehalts-Kosten. Die Cigaretten, das Enfant Terrible des diesländlichen Alternative-Punk. Das fühlt sich supererfrischend und gut an. Wahrscheinlich vor allem, weil Die Cigaretten einfach sie selbst sind. Schneller als dein Tiktok-Stream laufen rasant erzählte Geschichten, die wirken als würde man einen vorbeigehenden Unbekannten kurz streifen und schlagartig alles über sein Leben wissen. Doch gerade diese Fraktale sind bei genauerem Hinhören tiefgründiger als sonst ganze Songtexte. Jamie T trifft Seelig und auch Yungblud wie Kraftklub-Fans werden an „Nichtsnutz“ Gefallen finden. Fast wie eine Mischung aus QOTSA und Pixies. Die erste Grunge-Band, die man mag, selbst wenn man keinen Grunge mag.
Die Cigaretten, die Villa Kunterbunt des FutureRock. Das Disneyland des Soft-Cybergoth.
Wir halten kurz inne und Gedenken aller Generationen, die vor der Erfindung der Pizza geboren wurden. Die Cigaretten, deine Fun-Kurve im daily Horrorcoaster. Tokyo, New York, die Cigaretten.
Um den angenehm locker dahingenuschelten und verschluckten Text weiter zu zitieren „Komm wir verstecken uns in unserem secret Place, irgendwo im Sweetspot zwischen Bluezone und Outerspace“. Die Cigaretten sind einfach welche von den Guten und erinnern vielleicht ungewollt an den Pionier der Gegenkultur Terence McKenna “What we call reality is in fact nothing more than a culturally sanctioned and linguistically reinforced hallucination.” Ein Lebensgefühl, das sich metaphorisch auch durchs Video zieht. Eingefleischte real ones erkennen die Anlehnung an die 90s Slacker-Hymne „Loser“ von Beck in den ersten Kamerafahrtschnipseln des Joy-Gewitters der Videobilder zu “Nichtsnutz”.
Bildlich von brennenden Skateboards und einem trashig sympathischen Sumpfmonster unterlegt, ballert „Nichtsnutz“ all die selbstauferlegten Schranken einfach weg wie ein günstiger Vino Bianco von der Tanke - echtes Hubschrauberbenzin - und ruft dazu auf die eigenen Luftschlösser nicht an Gedankengefängniswänden scheitern zu lassen. Glück heißt nicht Geld für Produkte ausgeben zu müssen, die das Glück schmälern, in dem sie einen vergiften.
So entsteht aus Nichts und etwas Freiraum oft das Beste überhaupt. Ungewollte Leichtigkeit, die man lange - vielleicht seit den frühen Ärzten - besonders im deutschen Gitarrenmusik-Bereich vermisst hat. Die Cigaretten haben wohl seit ihrem noch frischen Bestehen wie lange keine andere Band wunderbar erheiternde anregende schief grinsende Geschichten geliefert. Da ist endlich mal wieder eine Band, die uns mit ihr träumen lässt, seit Michi und Micha anfingen in Ermangelung eines Proberaum auf einer Verkehrsinsel zu spielen. Die Coolkids von Husum bis Wien schreiben sich Cigaretten auf die Vans, Chucks und Docks. Und auch die BBC ist angetan. Schuh-Verkäufer in Edinbrough sprechen schon seit ein paar Monaten von der Band. So kommt es einem vor, als erzählt einem jeder, der die Band kennt eine andere Story, die er mit den Cigaretten verbindet. Das meiste davon ist auf Nachfrage sogar wahr. Mit „Nichtsnutz“ erinnern Die Cigaretten endlich wieder daran, dass wir sie vor allem wegen ihrer Musik lieben. Energetische Riffs und Texte, die sich von jeglicher vorgefertigter Form befreit haben, ohne das zu wollen. Authentisch, aber anders, aber geil. Die vielen begeistert gemeinten wie auch teilweise als Vorwurf benutzen Vergleiche schütteln die „Nirvana aus Hamburg“ einfach ab und machen bei „Nichtsnutz“ das, was sie am besten können. Der Chorus mit seiner textlich wunderbar hinterfragend beobachtenden - aber auch als voller Hoffnung interpretierbaren - Rolle erinnert fast an Partyknaller von The Hives. Man kann nur hoffen, dass Die Cigaretten uns auch bald wieder daran erinnern dürfen, dass sie vor allem auch eine großartige Live-Band sind. Bis dahin feiern wir „Nichtsnutz“ und bleiben freundlich. Unsere Art belastet unsere Umwelt jedoch deutlich. Tune in.